Beobachtungsbericht über das Projekt

Bau eines Vogelhauses

Bericht: Rüdiger Horstmann

Durch die Verletzung von Su Pechtl waren Josi und Raimar am 15., 22. und am 29.01.2008 in der praktischen Lernphase am Dienstag ohne Lernbegleitung, weshalb entschieden wurde, dass ich mit ihnen ein Projekt im Werken machen sollte. Im gemeinsamen Gespräch beschlossen die beiden Jungen, mit mir ein Vogelhaus zu bauen.

Vorbereitung
Ausgehend von der Entscheidung, dass wir den Kindern in den verschiedenen, praktischen Lernangeboten die Möglichkeit geben wollten, die jeweils erforderlichen Grundfertigkeiten im Umgang mit dem Material zu erlernen und zu vertiefen, entschied ich mich für soweit vorbereitetes Baumaterial, dass in jeder der drei etwa 11/2-stündigen Lernphasen, wirkliche Baufortschritte erzielt werden konnten.

  1. Gemeinsames Arbeitsziel und Teilziele definieren
    Das Vogelhaus sollte aus wetterbeständigem Lärchenholz gebaut, auf einer ebenso beständigen massiven Platte fix montiert werden.
    Die eigentlich geplante, englischsprachige Kommunikation habe ich nicht aufrecht erhalten können, da ich mich und eventuell auch die Kinder, überfordert hätte. Ich brauchte meine volle Konzentration für die Beobachtung der Kinder und den Ablauf.
    1. am 15.01. sollten die Wände weitgehend fertig werden
    2. am 22.01. wurden die fehlenden Wandteile erstellt und der Dachstuhl entwickelt und teilweise gebaut
    3. am 29.01. wurde der Dachstuhl fertig gestellt und das Dach gedeckt
  2. die Arbeitsorganisation
    1. die Absprachen, wer an welchem Platz arbeitet, und dass meine Aufgabe, ein unterstützendes Begleiten, aber kein für sie Bauen ist, wurden gemeinsam erarbeitet und getragen
    2. Arbeitsablauf in der Werkstatt, damit die Wege von Menschen und Material kurz und sinnvoll sind und wir uns nicht im Wege stehen. Hier war Raimar mehr als Josi interessiert. Josi wollte gleich irgendwo lossägen.
    3. Wir vereinbaren, gleichberechtigt zu arbeiten, damit nicht einer immer Hilfsdienste (zuschneiden) ausführt und der andere baut. Dies wird gut ergriffen und von beiden beweglich gehandhabt. Geäußerte Wünsche  („ Jetzt möchte ich mal…“) wurden immer gehört und  umgesetzt.
  3. Handwerkliche Tätigkeiten: Grundfertigkeiten anlegen und üben
    1. Dimensionen festlegen
      Anhand des von mir mitgebrachten Modells, konnten sich beide Kinder, konkret eine Dimension vorstellen. Rein gedanklich hätte ich sie mit dieser Aufgabe ansonsten überfordert. 30 cm Seitenlänge also etwas größer als das mitgebrachte Modell und Blockhütten-mäßig abwechselnde Ecküberlagerungen wurden beschlossen.
    2. Absprache der Teilverantwortungen
      Beide Kinder waren bereit und fähig, alle Teiltätigkeiten zu ergreifen. Josi etwas überstürzter im Herangehen, aber dann gut im praktischen Tun.  Raimar ruhiger in der Arbeitsaufnahme, aber dann in der Verfolgung  etwas unkonzentrierter.
    3. Exaktes Messen
      Grundlegendes für die Qualität der Arbeit – das rechte Maß - muss mit innerer Ruhe genommen werden, diese musste mehrfach durch die Lernbegleitung gehalten werden. Nicht der Geräuschpegel störte, aber die Dynamik des Bauens trieb die Motorik der Kinder gehörig an. Es wurde zu Beginn zu hastig gemessen, zu hektisch gesägt, - Ungenauigkeiten sind dann unvermeidlich.
    4. Sauberes Anzeichnen der Werkstücke
      messen und anzeichnen und das erstellte richtige Werkstück dann auch noch an den ursprünglich geplanten  Platz bringen, erfordert Konzentration –zumal wenn zwei Baumeister arbeiten. Aber die Absprache klappte, kein Bauteil wurde von beiden parallel, also doppelt, erstellt.
    5. Einspannen der Werkstücke
      Es dauerte erstaunlich lange, bis zum dritten Arbeitstag, dass  die Werkstücke kurz eingespannt wurden. Raimar spannt gerne nur einmal ein und schneidet dann nacheinander die benötigten Längen herunter. Aber bekannt war, dass man empfindliche Werkstücke mit schützendem Zwischenholz einspannt.
    6. Sägen
      Die Größe der sinnvoll zu verwendenden Säge war zu Beginn ein Thema, das bei Josi erstaunlich oft aufgegriffen werden musste.
    7. Feilen
      Raspel und Feile sowie Schmirgelpapier waren bekannte Werkzeuge, auch dass wir mit der Holzfaser arbeiten, war bekannt.
    8. Nageln,
      auch verdecktes Nageln in die Nut des Werkstückes, mit auf dem Nagel aufgesetztem Hammer forderte beiden viel Konzentration ab.
      Josi, der spürbar gerne und mit Freude arbeitet, ist nicht so sicher mit dem Hammer und verbog zahlreiche Nägel, oft aber weil er  keine ordentliche, sprich arbeitsschritt- adäquate  Arbeitshaltung einnahm. ER STELLT SICH NICHT RICHTIG ZUR ARBEIT HIN.
      Raimar fasst den Hammer mit Vorliebe direkt hinter dem Kopf an und klopft vorsichtig auf den Nagel, als wolle er ihm nicht wehtun. Mehrfach habe ich ihn ermuntert, den Hammer am Stielende zu nehmen und mal mit Schwung, und Spaß am Schwung zuzuschlagen. RAIMAR STEHT SEINEM SCHWUNG IM WEG.
  4. Beide Kinder haben mit Engagement am Bau des Vogelhauses, auch in schwierigen Phasen gemeinsam mitgearbeitet. Es war eine gute Atmosphäre. Ein gelungenes Projekt.
  5. Ich habe zurecht von den Kindern erklärt bekommen, dass ich mit dem Holzhammer auf den hölzernen Griff des Stemmeisens schlagen soll und nicht mit dem Metallhammer.
    Ich habe vor allem, nach Hinweis von Herrn Harslem, gemerkt, wie schnell und ungeduldig ich korrigierend und damit den Lernprozess der Kinder zerstörend, eingreife, obwohl es nicht nötig ist. Gerade das „etwas falsch machen dürfen“ sind ja die „selbst gemachten Erfahrungen“ der Kinder. Das nach meinen Anweisungen richtig Gemachte ist nicht authentisch ihre, der Kinder Angelegenheit.

Büro: F.-W.-Raiffeisenstrasse 1,5061 Elsbethen, Österreich - Tel.: +43(0)662-6440402
Url dieser Seite: http://hofschule-gaisberg.at/index.php?id=39